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THE ART TO RISK Vol. I - DAS ABENTEUER DIE KOMFORTZONE ZU VERLASSEN

EINE SEHR PERSÖNLICHE REISE

 

Wenn wir über Wachstum bzw. Veränderung nachdenken, ist der Grundgedanke , daß wir als Fotografen oder andere kreative Menschen immer darüber nachdenken und versuchen über die Phase in der wir uns gerade befinden, hinauszugehen um auf eine neue Ebene zu gelangen. Das heisst:

alles was wir bisher gelernt haben bildet jetzt die Grundlage auf der wir neue Fähigleiten aufbauen und eine neue Richtung für die Zukunft finden können.

 

Mal so zwischendurch: seien wir sehr dankbar dafür, daß wir soweit gekommen sind!

Belohnen wir uns doch auch mal dafür, statt zu denken, was uns noch so alles fehlt!


Das heisst aber auch: Wir sind an dem Punkt, wo wir Entscheidungen darüber treffen müssen, wie wir über diese Zeit – die Entwicklungstufen – bis hierhin, denken und fühlen.
Lassen wir sie hinter uns, gehören sie nicht mehr zu mir oder versuchen wir diese Phasen in unser Wachstum mit einzubeziehen?
Jede Phase, jede Etappe ist ein wichtiger Teil meiner fotografischen, kreativen Reise und ich würdige sie. Sie sind Teil dessen, was und wo ich bin!

 

Jeder Fehler, jeder Rückschritt war nötig, um dorthin zu kommen wo ich jetzt stehe!


Wachstum lernen ist wohl eine persönliche Haltung und ich möchte mich sowohl als Fotograf alsauch im Leben im allgemeinen weiter entwickeln, indem ich an mir selbst arbeite.

Das kommt nicht automatisch, das ist immer wieder eine Entscheidung!

Und das hört nicht auf!

 

 



DIE KOMFORTZONE ... und was es damit auf sich hat!

 

Dazu möchte ich Euch zu Beginn 2 Fragen stellen:
Stimmt Ihr der Aussage zu, daß es wichtig ist die Komfortzone zu verlassen um eine Veränderung bzw. ein Weiterkommen zu ermöglichen?
Wann habt Ihr das letzte Mal eure Komfortzone verlassen und was war der Grund dafür?

 

Nun, dann bin ich ja wohl jetzt an der Reihe!

Mitte September sprach ich beim >>> Gothenburg Street Photo Festival über dieses Thema. Über das Abenteuer die Komfortzone zu verlassen und über die Notwendigkeit dies zu tun, wenn man sich verändern bzw. entwickeln will!

Aus diesem Grund blieb ich nicht in der Theorie, sondern sprach auf der Bühne, vor ca. 200 Zuhörern, über das Verlassen MEINER Komfortzone.

Auch darüber, was meine Komfortzone ist und wie sie zustande kam ... auch über den Grund, warum ich das - mehr oder weniger - die letzten Jahrzehnte kaum gemacht habe!

 

Im folgenden lest Ihr einen Auszug aus meinem Vortrag:
"Ich verlasse gerade in diesem Augenblick meine Komfortzone!
Ja genau! Jetzt gerade in diesem Augenblick!
Denn genau diese Situationen, in denen ich allein vor Menschen stehe und
sprechen muß, habe ich in den letzten 50 Jahren so gut wie vermieden.
Ohne jetzt in die Tiefe zu gehen, das würde hier zu weit führen, müsst ihr wissen, daß ich von Kind an eine motorische Sprachstörung habe. Das zeigte sich ganz besonders in Situationen, wo ich Leistungen in
irgendeiner Form sprachlich erbringen musste.
So wie hier und jetzt!!
Später dann diagnostizierte man mir sogar in höchster medizinisch psychologischer
Instanz, daß ich Leistungsfunktionsgestört bin!! So hatte mein Problem sogar einen Namen!
Ihr könnt Euch vorstellen, daß meine Schulzeit nicht gerade rosig war …
die Lehrer gaben mir kaum eine Chance und die Schüler haben mich gemobbt.
Ja genau! Das ist traumatisch und ich bin traumatisiert, wenn es um solche Situationen geht. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt damit umzugehen aber falls es irgendwie geht, meide ich sie. Bleibe also in meiner
Komfortzone, denn da kann mir nichts passieren!

Da lacht mich niemand aus, hält mich für blöd oder sonstwas!


Als der Founder des Festivals >>> Mats Alfredsson mich fragte, ob ich dort vor Publikum einen Vortrag halten würde, war ich zunächst geflasht. Was für eine großartige Gelegenheit mich international mit so vielen Gleichgesinnten auszutauschen. Was für eine Wertschätzung meiner fotografischen Arbeit. Meine Gedanken, mein Wissen ist gefragt! WOW! Da haben Menschen Interesse an mir!


Im nächsten Moment wollte ich absagen.

Nein, das kann ich nicht!

Nein das schaffe ich nicht!

Nein, da blamiere ich mich!

Was sollen sie denken, wenn ich nicht sprechen kann?


Ich habe sogar Mats darüber aufgeklärt, daß ich da so ein Problem habe, außerdem wäre mein Englisch nicht so besonders … in der Hoffnung, er würde sich bedanken bei, mir mit Verständnis alles Gute wünschen und jemand anderen für mich suchen.


Fuck! Hat er nicht gemacht, sondern sagte: „Mach Dir keine Sorgen, wir sind alle cool und freundlich hier. Außerdem können wir Dich unterstützen!“
Was mache ich nun? Absagen?  Will ich nicht weiterkommen mit meiner fotografischen Arbeit?

Will ich nicht sichtbarer werden, neue Kontakte knüpfen? Ist es nicht an der Zeit, die Dinge anders zu machen, was das angeht?
Mit klopfendem Herzen habe ich zugesagt!" *

 



 

 

Fotografisch gesehen, hat es >>> Bruce Gilden auf den Punkt gebracht,
indem er sagte:


„Ich fotografiere mich selbst da draußen.

Nicht mich selbst physisch, sondern geistig.

Das ist meine Sicht auf die Welt.

Der einzige Weg, gute Bilder zu machen ist,

sich selbst aus seiner Komfortzone zu stoßen.“

 

 

 



 

Ich möchte zunächst, bevor es weiter geht, definieren worum es sich handelt, wenn wir über die Komfortzone sprechen. Denn es ist im wesentlichen nicht gemeint, sich runter vom Sofa zu schwingen und in die Pötte zu kommen ( wenngleich das natürlich auch eine große Rolle spielt)!


Jeder kennt diesen Begriff, wir alle benutzen ihn und doch ist es möglicherweise nicht so wirklich klar, was er bedeutet. Die "Komfortzone" bezieht sich auf einen psychologischen Zustand, in dem eine Person sich entspannt fühlt. Befinden wir uns dort, fühlen wir uns in der Regel wohl, weil wir mit den gegenwärtigen Umständen vertraut sind und wir uns sicher fühlen. Ein Ort, an dem Risiken vermieden werden. Hier kennen wir alle Abläufe, die Herausforderungen sind minimal, und das Risiko zu scheitern ist gering. Es ist ein Ort der Routine und der Bequemlichkeit. Es ist sehr wahrscheinlich , daß wir dort immer die gleichen, zumindest sehr ähnliche Methoden anwenden bzw. Entscheidungen treffen.


Das führt zu einem Kreislauf der Gewohnheit. Wir verlassen die Komfortzone nicht, da wir
die Illusion der Sicherheit nicht verlieren und das Gefühl der Kontrolle nicht abgeben wollen.
Du prüfst nicht mehr, ob in Dir alles parat ist für eine Veränderung, die schon sehr lange in Dir ruht. Ob Du genügend Energie hast, ob das Ziel passt, ob Du überhaupt ein Ziel hast.


Statt Bereitschaft aufzubauen, bauen Menschen oft Widerstände auf, gegen das, was für sie wirklich ansteht, was sie wirklich möchten und brauchen.
Je länger das praktiziert wird, umso größer werden die Veränderungswiderstände und um so schwächer wird die Bereitschaft, und die nötige Leidenschaft, für sich selbst und für die eigenen Wünsche. Ein
idealer Nährboden für Ängste, die dabei gerne mitwachsen. Die ersehnte Veränderung, der ersehnte nächste Schritt oder erste Schritt findet nicht statt und die Entfernung von der eigenen Wahrheit und Natur wird immer größer.

Es ist das einmal so gelernte Programm, was immer und immer wieder vernebelt, und es ist schwer, diesem Programm nicht mehr zu folgen, daraus auszusteigen und ein Leben zu gestalten nach den eigenen wahren Talenten und Fähigkeiten. Der eigenen Lust auf Lebensfeier und Rhythmus.

 


Das Team des GSPF -

v.l.n.r. >>> Johan Jaurelius  >>> Eva Boije Af Gennäs  >>> Tobias Gustavsson  >>> Claes Hillén  >>> Anna Lithander 

>>> Mats Alfredsson (siehe oben)


 

Es ist wichtig zu verstehen, dass es nicht immer negativ ist, sich in der Komfortzone zu befinden, da sie natürlich auch ein Ort der Ruhe und Erholung sein kann.
Allerdings kann ein zu langer Aufenthalt dort das persönliche Wachstum und die Entwicklung behindern. Sie wird zu einem Ort, an dem wenig Wachstum und Entwicklung stattfindet, da wir uns nicht herausgefordert fühlen und uns nicht mit neuen Erfahrungen oder Herausforderungen konfrontiert sehen.
Wachstum tritt oft außerhalb der Komfortzone auf, wenn wir uns neuen Situationen stellen und Risiken eingehen.
Die große und die kleine Welt um uns herum verändern sich ständig, und wer sich nicht anpasst,
riskiert, zurückzubleiben. Unternehmen, die sich nicht weiterentwickeln, gehen oft unter.

Beziehungen, die sich nicht immer wieder annähern und neu definieren, scheitern.
Ähnlich ist es mit unseren eigenen Fähigkeiten und Kenntnissen –

ohne kontinuierliche Weiterentwicklung stagnieren wir.

 

Es gibt kein Weiterkommen.

Keine Entwicklung.

 


 

und ein Ergebnis von dieser Situation

 

 


WARUM IST ES SO SCHWIERIG DIE KOMFORTZONE ZU VERLASSEN?

 

Verlassen wir die Komfortzone, beginnen wir scheinbar unbekanntes Terrain zu betreten.

Wir erreichen die Wachstumszone! Sie ist der Bereich außerhalb der Komfortzone, in dem wir neuen
Herausforderungen und Erfahrungen ausgesetzt sind. Hier müssen neue Fähigkeiten erlernt werden, und wir werden mit Unsicherheit und möglicherweise auch mit Stress konfrontiert.


Zwei Zustände, die aus meiner Sicht eine Grundlage für Kreativität sind, wenn sie in einem moderaten und kontrollierbaren Ausmaß vorhanden sind. Und es darf auch gerne ein wenig weh tun!

 

Sie können Menschen dazu bringen, neue Wege zu gehen und innovative Lösungen zu finden, außerhalb der gewohnten Denkmuster zu denken und neue Lösungen, neue Wege zu finden.
Diese Herausforderungen können Katalysatoren für innovative Ideen sein, da das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit erhöht werden, was zu einer intensiveren Konzentration für eine Aufgabe führt.


Im allerbesten Fall, führt das zu einem Flow! 

Wir Straßenfotografen kennen das!


Diesen Zustand erfahre ich ausnahmslos außerhalb der Komfortzone, in der Wachstumszone.

Ein Ort des persönlichenn Wachstums, der Verbesserung und Entwicklung, da wir uns bemühen, selbst auferlegte oder fremd bestimmte Grenzen zu überwinden und neue technische, kreative und emotionale Fähigkeiten zu erwerben.


Stellen wir uns die Frage, ob wir die Komfortzone verlassen sollen, hindert uns oftmals die Gefahrenzone, die jenseits der Wachstumszone liegt, daran.

Wie tut sie das?

Indem wir die Herausforderungen und Risiken so groß wählen, dass sie das Wohlbefinden und die Sicherheit gewaltig gefährden könnten. In der Gefahrenzone sind die Herausforderungen zu
überwältigend , und wir könnten ernsthafte Konsequenzen erleiden, wenn wir uns dort aufhalten.
Wir könnten die Kontrolle verlieren!

 


                                                         

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

>>> Gudrun Otten


DIE ENERGIE FOLGT DER AUFMERKSAMKEIT

 

Meine Erfahrung, und das gilt nicht nur für die Straßenfotografie, hat mich
gelehrt: Veränderungen und Entwicklung enstehen meistens außerhalb der Komfortzone.
Und wenn wir wieder zur Street Photography kommen:

Wer sich nichts abverlangt, wird Schwierigkeiten haben außergewöhnliche Bilder zu machen.


Das kann natürlich sehr vielfältig sein:
wer sonst nur bei Schönwetter fotografiert, sollte mal bei Regen unterwegs sein und die harten Kontraste der nassen Umgebung mit einbeziehen, wenn die Wolkendecke wieder aufbricht …
In einer anderen Stadt fotografieren, in der Du vorher noch nicht gewesen bist, weil Du sie nicht richtig einschätzen kannst und Deine Aufmerksamkeit eine andere ist …
Zwing Dich mal die Brennweite zu wechseln ( falls es Dein Equipment zulässt), die außerhalb Deiner Komfortzone liegt. Es gibt nicht DIE richtige Brennweite für Straßenfotografie ... .

Benutze auch bei Tageslicht mal den Blitz und sehe was passiert!
Das ist ungewohnt, zunächst schwierig, kann Dir jedoch neue, andere Blickwinkel ermöglichen …
Besuche Länder mit anderem Licht!
Wer im Norden Europas lebt, wird im Süden ganz andere Erfahrungen machen, die Kompositionen sind viel mehr geprägt von Farben, von Licht und Schatten und umgekehrt … .
Andere Kulturen zu besuchen und dort zu fotografieren, ist dann wohl das Highlight eines jeden Fotografen und die höchste Form des verlassens deiner Komfortzone.

Warum?
Weil dort so gar nichts Bekanntes zu finden ist, Du eine ganz andere Energie vorfindest, andere Menschen, anderes Licht, andere Architektur
… selbst in den noch einigermaßen bekannten westlichen Nationen.
Wenn Du nicht in der Lage bist, Deine Seh- und Denkgewohnheiten zu verlassen und zu verändern, wirst Du in den Strassen New Yorks keinen Erfolg haben mit Deinen Bildern.
Und schlußendlich Deine Gewohnheiten verändern:

Bist Du eher einmal in der Woche für 3 Stunden fotografieren gegangen, versuche täglich eine halbe Stunde, wie z.B. auf dem Weg zur Arbeitsstelle und zurück. Nimm öffentliche Verkehrsmittel, da geht das urbane Leben schon los. Ja ich weiß! Da muss man früher aufstehen und es ist schwierig aber das macht Dir nichts, da Du schon zu Beginn des Tages in Dein kreatives Konto investierst und ganz anders den Tag verbringst!
Investiere dein Geld nicht in eine neue Kamera, sondern in einen Workshop bei einem Straßenfotografen, der Dir mit Deinen Bildwünschen am nächsten kommt.

Such Dir einen Mentor, der Dir auf Augenhöhe begegnet und Dich immer wieder mit Impulsen unterstützt!

 

 

Danke für Euer Interesse und bis bald zum 2. Teil

Euer

 

 

 

 

 

 

• Photo credits by Gothenburg Street Photo Festival, Thomas Füngerlings & jfk

* Mitglieder des Memberships >>> SPuM - STREET PHOTOGRAPHY und MEHR

haben Zugang zur gesamten Rede, einschließlich aller Bilder und Folien!

 

 

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Gudrun Otten (Donnerstag, 03 Oktober 2024 19:40)

    Sehr schöner Beitrag, der Lust macht in Deine Energie einzutauchen und auch einmal so auf die Strasse zu gehen, den Blick zu wechseln und Menschen und Situationen neu zu sehen und zu erleben. Ich glaub, ich buche mich mal ein für einen WORKSHOP mit Dir .... Steht schon auf meiner Liste!

    Danke für Dein Teilen!

  • #2

    Holger Köchel (Donnerstag, 03 Oktober 2024 20:00)

    Hey Jens, vielen Dank für diesen intellektuellen Input, der, und das ist ein Kompliment, ein wenig tuckeresque ist. Das Heraustreten aus der Komfortzone betreiben wir in unserer Gruppe hier ja des Öfteren! Und mit dir haben wir ja auch einen hervorragenden Mentor, der uns dabei hilft, uns fotografisch fotografisch weiter zu entwickeln!

  • #3

    Jörg Schneider (Donnerstag, 03 Oktober 2024 21:19)

    N’Abend Jens, so einen sehr offenen und persönlichen Artikel zu schreiben heißt sicherlich auch, die eigene Komfortzone zu verlassen. Jedenfalls wäre das bei mir so. Oft sind es tatsächlich Befürchtungen und Ängste die Aufgaben nicht zu meistern und zu scheitern. Sie verhindern den persönlichen Komfortbereich hinter sich zu lassen. Chapeau lieber Jens für Deinen Mut und Deine Offenheit!
    Aber am Ende ist man stolz und freut sich nicht gescheitert zu sein. Die Zweifel sind dann verflogen und das Selbstvertrauen in das eigene Leistungsvermögen außerhalb der Komfortzone wächst von mal zu mal. In meiner beruflichen Laufbahn habe ich das mehrere Male selbst erlebt.